Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten wohl nicht vollbringen
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.
Stundenbuch, 1905
Rainer Maria Rilke, 1875-1926
Weiß man das jemals wirklich?
Heute habe ich den Eindruck, mein Leben eher in kleiner werdenden Ringen zu leben, denn in wachsenden. Aber das ist eben genau der Punkt: bei näherem Hinsehen
bedeutet mein kleiner gewordener Rahmen das Gegenteil: wachsende
Ringe...
Was einen Baum prägte, sein Alter, sein Werden kann man an den Jahresringen erkennen. Sieht man das aber genau, dann ist der Baum gefällt und sein Leben zu
Ende...
Also begnüge ich mich mit dem, was ich über mich wahr nehme, was Freunde mir signalisieren, was Menschen, die mich be(ob)achten, mir sagen können.
Lebe mein Leben in folgendem kleinen Rahmen:
Freue mich über jeden Tag, an
dem ich meinen sehr geschrumpften Haushalt in Ordnung habe, an dem ich wieder ein paar Zeilen auf Papier schreiben konnte... Papier und Stift liegen in jedem Raum bei mir.
Lebe mit meinen Hunden und komme immer mehr einem Umstand auf die Spur, den ich so früher nicht beachtet hatte:
Es gibt Menschen, die HABEN einen Hund.
Und es gibt Menschen, die leben mit Hund, oder Tieren - einem oder dann zumeist automatisch mit mehreren... Keine Wertung. Sondern ein Unterschied. Ein großer. Leben
mit diesen Wesen, die soviel mehr wissen, als wir...
Auch das durfte ich in den
vergangenen vier Jahren LERNEN :-)
Momentan ist es noch einer, der mir täglich den Spiegel vorhält, seine uralte Weisheit anbietet und mir unermüdlich erklärt, was Leben auch und in unserer
Gesellschaft leider nicht mehr in erster Linie bedeutet:
miteinander zu LEBEN und die
Fähigkeiten einzusetzen, die jeder mitbekommen hat.
Ich lerne und lernte von ihnen, was wir UNS antun!
Und was wir schon lange nicht mehr mit Vorsicht betrachten:
zu laut, zu viel, zu schnell, zu gewohnt, zu krank...
Ich lernte von meiner Mischlings-AkbashIne was älter werden auch bedeutet: Dabei sein mit all dem, was man immer noch kann und hat, aber auch auf das zu
achten, was nicht mehr geht und was sich mit der Zeit verliert... und dass der Weg in andere Räume tatsächlich nur ein Wechsel ist.
Ein Wechseln in die Seelenheimat, um sich neu zu rüsten und wieder zu kehren.
All jene, die sich mit telepathischer Tierkommunikation beschäftigen, wissen dies längst. Für den Rest der Menschheit ist das noch verborgen - aber jene die von Tierseelen begleitet werden, sind auf einem guten lehrreichen Weg ;-). Gina hat unsere Gemeinschaft in den Frühsommer- Wochen 2016 verlassen... im Alter von 16 Jahren. 13 Jahre hat sie uns begleitet, ihre Worte:
"Wir sehen uns, Freundin..."
Ich lerne mit der jungen Jule,
dass auch ein junger Hund in der Lage ist, mir mehr vom Leben zu zeigen, als zwanzig Jahre Lebenserfahrung ohne Hund... Jule hat einen wunderbaren Charakter - sie signalisiert mir jeden
meiner Fehler sofort, aber sie ist niemals nachtragend...
"Ich lasse ihr ihre Freiräume, sie lässt mir meine ja auch..." (Jule im Juni 2016).
Wir vermissen sie so...
Wohin immer man sie - unrechtmäßig - gebracht hat, ich weiß ihre Worte zu schätzen und sie bleibt mir verbunden und eine große Lehrmeisterin:
"ich habe viele Möglichkeiten..."
Ich lerne von einem Junghund,
dessen Rasse so neu und faszinierend für mich ist, was Überlegtheit, Strategie und Ruhe bedeuten.
Um aus dieser Ruhe dann unvermittelt und sofort präsent sein zu können...
DAS ist Tigon, ein faszinierender Vertreter der ursprünglichen Rasse "Taigan". Über seine Begleitung bin ich sehr glücklich.
Freue mich über jede bewältigte Ämterhürde, und über jede nicht verdrängte Angst, jede NICHT verdrängte Regung...
Und über Gerechtigkeiten - nein, über den Sieg der Weisheit über Unwissenheit.
Ich versorge meine Hunde, "arbeite" mit ihnen, schreibe - Die neue Umgebung hilft mir dabei so, wie ich es erhofft hatte -, versuche meinen kleinen Lebensrahmen auch
nach aussen hin abzustecken ohne mich mehr zu rechtfertigen.
Denn nur in diesem
Lebensrahmen bin ich gesund und "funktioniere" gut, bin nicht aus meinem Gleichgewicht.
Das gelingt mir immer besser umso mehr ich Altes sortieren konnte und manchmal auch ruhen lassen muss...
Viel Schmerzhaftes ist dabei. Viele wunde Jahresringe, wohl aber auch viele gesunde... die mir zum Überleben geholfen haben. Sonst wäre ich ja längst abgestorben... ich bin es nur fast. Nur fast.
Sie hatten geglaubt, mir alles zu nehmen...
aber meine Herzensenergie konnten sie mir nicht nehmen!
Wo will ich noch hin?
Schreibend, philosophierend, Socken strickend,
für Tigon nach einem neuen Gefährten suchend,
Vielleicht erfüllt sich ja mein Wunsch nach einem kleinen älteren Häuschen mit Garten, dessen Miete ich mir leisten kann als Stützpunkt und Wachstumsraum für weitere
Jahresringe bis hin zum letzten...
Was will ich noch sein?
Ein Falke IM Sturm, der den großen Gesang des Lebens kennt? . . . und ihn singt?
Ach, Herr Rilke...
:-)